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    <title>pt18.html</title></head><body><div class="part WordXML" id="pt18"><div class="chapter"><h1 class="ueberschrift1" id="id0000034">Der Autodieb</h1><div class="section"><p class="TkOhne">Er sah aus wie eine Kreuzung zwischen Dackel und Windhund. Vom Dackel hatte er die X-Beine und vom Windhund den nach vorne spitz zulaufenden Kopf. &#0220;brigens hie&#0223; er Augsburger Hans, f&#0252;nfmal vorbestraft. Ihm drohte die Versorgung.</p><p class="standard">Studer kannte ihn, obwohl Augsburger Hans mehr in anderen Kantonen seinem Beruf nachgegangen war &#8210; er war Einbrecher, aber ein vom Pech verfolgter, ein kleiner, mieser Dilettant &#8210; denn der Wachtmeister hatte ihn auf Anforderung fremder Beh&#0246;rden schnappen m&#0252;ssen ...</p><p class="standard">&#0187;Sal&#0252;, Augsburger&#0171;, sagte Studer. Er stand von seinem Platz an der Schreibmaschine auf, ging auf den Eintretenden zu, sch&#0252;ttelte ihm die Hand. Der Polizist an der T&#0252;r zeigte ein leichtes Erstaunen, aber Augsburger lie&#0223; sich durch die herzliche Begr&#0252;&#0223;ung nicht aus der Ruhe bringen.</p><p class="standard">&#0187;Eh, der Studer!&#0171; sagte er. &#0187;Gr&#0252;&#0223;-ech, Wachtmeister!&#0171;</p><p class="standard">Dann zum Untersuchungsrichter gewandt:</p><p class="standard">&#0187;Der Wachtmeister ist n&#0228;mlich ein G&#0228;bige&#0171;, sagte der Augsburger. &#0187;Einer, mit dem man reden kann. Wachtmeister, habt Ihr eine Zigarette?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Ja, wenn du uns nicht anl&#0252;gst!&#0171;</p><p class="standard">Und Studer blinzelte dem Untersuchungsrichter zu, er solle ihn das Verh&#0246;r f&#0252;hren lassen. Der Untersuchungsrichter nickte, suchte auf seinem Tisch nach dem Aktendeckel &#0187;Augsburger Hans, Autodiebstahl&#0171; und reichte ihn dann Studer hin.</p><p class="standard">Studer bl&#0228;tterte. Nichts Interessantes. &#0187;Bei einem vorgeschriebenen Patrouillengang ... vor dem Bahnhof ... Fahrer angehalten ... kein Fahrausweis ... handelt sich um einen im Polizei-Anzeiger Ausgeschriebenen ... Leistete keinen Widerstand ... lie&#0223; sich abf&#0252;hr...&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Ist das Verzeichnis der Effekten, die dem Augsburger abgenommen worden sind, auch bei den Akten?&#0171; fragte Studer.</p><p class="standard">&#0187;Doch, ich glaube&#0171;, sagte der Untersuchungsrichter und spielte wieder mit seinem Papiermesser.</p><p class="standard">&#0187;Ah, ja, hier&#0171;, und Studer las:</p><p class="standard">&#0187;Portemonnaie mit 12. 50 Fr. Inhalt.</p><p class="standard">1 Nastuch</p><p class="standard">1 Hemd</p><p class="standard">1 Paar Hosen ...&#0171;</p><p class="standard">Und dann stand da:</p><p class="standard">&#0187;1 Browningpistole Kaliber 6,5&#0171; ...</p><p class="standard">Was war das?</p><p class="standard">&#0187;Du, Augsburger, das ist b&#0246;s. Waffentragen? Seit wann hast du einen Revolver? Willst du lebensl&#0228;nglich erwischen? H&#0228;?&#0171;</p><p class="standard">Aber Augsburger schwieg.</p><p class="standard">&#0187;Ich m&#0246;cht&#8217; die Pistole gerne sehen&#0171;, sagte Studer. Der Polizist brachte sie.</p><p class="standard">&#0187;Sie ist geladen&#0171;, sagte er.</p><p class="standard">Studer nahm sie in die Hand, entlud sie. Im Magazin waren noch sechs Patronen, eine im Lauf...</p><p class="standard">&#0187;Hast du eine gebraucht, Augsburger?&#0171;</p><p class="standard">Augsburger schwieg andauernd. Nur die Haut auf der rechten Seite seines Gesichtes zuckte wie bei einem Pferd, das von den Bremsen geplagt wird.</p><p class="standard">&#0187;Nicht einmal geputzt, der Lauf?&#0171; Studer sprach immer gedehnter. Der Untersuchungsrichter wurde aufmerksam.</p><p class="standard">&#0187;Sechs Komma f&#0252;nf&#0171;, sagte Studer und nickte. &#0187;Das gleiche Kaliber hat die Kugel auch, die in Witschis Kopf stecken geblieben ist ...&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Aber Wachtmeister, wir wissen doch jetzt, da&#0223; es ein...&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Gar nichts wissen wir, Herr Untersuchungsrichter. Wir haben von einem Plan geh&#0246;rt, um auf m&#0246;glichst rasche Weise zu Geld zu kommen, aber der Plan ist scheinbar nicht so gelungen, wie er h&#0228;tte ausgef&#0252;hrt werden sollen.&#0171; Da Studer sah, da&#0223; Augsburger ihm eines seiner gro&#0223;en Ohren zugekehrt hatte, sprach er so dunkel als m&#0246;glich.</p><p class="standard">&#0187;Ich denke immer an das, was mir der Assistent im Gerichtsmedizinischen vordemonstriert hat. Die Stellung, die der selige Witschi hat einnehmen m&#0252;ssen, um sich gerade hinter das rechte Ohr zu treffen ... Das Fehlen von Pulverspuren ... zugegeben, da&#0223; es m&#0246;glich war mit Zigarettenbl&#0228;ttern, ich glaub&#8217; es nicht recht, es steckt mehr hinter dem Fall, als wir glauben.&#0171;</p><p class="standard">Studer schwieg unvermittelt. Augsburger hatte die Augen gesenkt.</p><p class="standard">&#0187;Wo warst du die letzten vierzehn Tage?&#0171; fragte er pl&#0246;tzlich.</p><p class="standard">&#0187;In ... in ...&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Da, nimm eine Zigarette&#0171;, sagte Studer freundlich. Es dauerte eine Weile, bis sie brannte.</p><p class="standard">&#0187;Schau, Augsburger&#0171;, erkl&#0228;rte Studer milde. &#0187;Wenn du nicht nachweisen kannst, wo du in der Nacht warst, in der ein gewisser Wendelin Witschi ermordet worden ist, so kann ich dir nur eines sagen: Ich ... Aber nein, ich habe dann gar nichts mehr mit dir zu tun. Das Schwurgericht wird dann schon wissen, was es zu tun hat. Es war n&#0228;mlich ein Raubmord ...&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Aber den hat der Schlumpf doch gestanden!&#0171; rief Augsburger.</p><p class="standard">&#0187;Und hat soeben sein Gest&#0228;ndnis widerrufen, vielmehr, ich hab&#8217; ihm bewiesen, da&#0223; er unm&#0246;glich den Mord hat begehen k&#0246;nnen. Und dann hat sich noch ein Zeuge gefunden, der beschw&#0246;rt, mit dem Schlumpf zur mutma&#0223;lichen Zeit des Mordes zusammengewesen zu sein.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Dann hat er mich angelogen!&#0171; sagte Augsburger b&#0246;se. &#0187;Wer?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Der alte Ellenberger.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;So, und warum hast du in der Samstagnacht das Auto vom Gemeindepr&#0228;sidenten gestohlen?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Es war zu hei&#0223; in Gerzenstein&#0171;, sagte Augsburger, aber die Unbek&#0252;mmertheit klang ein wenig gedr&#0252;ckt.</p><p class="standard">&#0187;Und warum bist du gerade auf den Bahnhofplatz gefahren, wo du doch ganz sicher warst, da&#0223; ein Polizist dich schnappt?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Ich hab mich verirrt, ich wollt nach Interlaken weiterfahren ...&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Und da bist du durch die Stadt gefahren, wo doch jedes kleine Kind wei&#0223;, da&#0223; die Stra&#0223;e oben durchf&#0228;hrt?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Ich hab&#8217; noch etwas trinken wollen ...&#0171;</p><p class="standard">Immer z&#0246;gernder die Antworten.</p><p class="standard">&#0187;Und wo hast du den Browning gestohlen?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Den Browning?&#0171; Augsburger begann die Fragen zu wiederholen, das war ein gutes Zeichen, Studer wu&#0223;te, nun hatte er ihn bald. &#0187;Den Browning?&#0171; Dann sehr schnell:</p><p class="standard">&#0187;Der ist beim alten Ellenberger auf dem Schreibtisch gelegen, dort hab ich ihn genommen ...&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Hm.&#0171; Studer schwieg. Es schien zu stimmen. Der alte Ellenberger hatte vor vierzehn Tagen in Bern einen 6,5-mm-Browning gekauft. War es dieser? Den andern hatte der Armin verstecken lassen in der K&#0252;che der Frau Hofmann, verstecken durch wen? Das war im Augenblick gleichg&#0252;ltig.</p><p class="standard">&#0187;Du hast beim Ellenberger gewohnt?&#0171; fragte Studer wieder.</p><p class="standard">&#0187;Ja.&#0171; Augsburger nickte ein paarmal.</p><p class="standard">&#0187;In welchem Zimmer?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Oben unter dem Dach.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Warum hat dich der Ellenberger aufgenommen?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Oh, nur so, aus Mitleid.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Hast du die andern gesehen?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Selten. Der alte Ellenberger hat mir immer das Essen gebracht.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Und er hat dir gesagt, du sollst das Auto vom Gemeindepr&#0228;sidenten stehlen, dich in Thun erwischen lassen und dann versuchen, den Schlumpf zu bestimmen, ein Gest&#0228;ndnis abzulegen?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Wie? Was?&#0171; fragte Augsburger. Er schien ehrlich erschrocken, und doch kam es Studer je l&#0228;nger je mehr vor, als ob der Bursche ein eingelerntes Theater spiele.</p><p class="standard">&#0187;Du hast doch dem Schlumpf gesagt, er solle sich gestern zum Verh&#0246;r melden, und dann dem Untersuchungsrichter sagen, er habe den Witschi umgebracht. Und du hast ihm doch einen sehr zwingenden Grund f&#0252;r dieses Gest&#0228;ndnis angeben m&#0252;ssen. Ihm zum Beispiel sagen, man habe entdeckt, da&#0223; mit dem Mord nicht alles stimme, da&#0223; man an einen Selbstmord glaube und da&#0223; die ganze Familie in Gefahr sei, wegen Versicherungsbetrug verhaftet zu werden. Und da&#0223; es deshalb am besten sei, wenn der Schlumpf die Sache auf sich nehme. War&#8217;s so? Das darfst du ruhig zugeben, wenn&#8217;s so gewesen ist. Wir brauchen nur den Schlumpf zu fragen.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Das h&#0228;tten wir vorher machen sollen&#0171;, sagte der Untersuchungsrichter seufzend. &#0187;Aber Sie sind immer so st&#0252;rmisch, mein lieber Studer, ich komme gar nicht zu Worte.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Sie haben selbst gar nicht daran gedacht!&#0171; antwortete Studer kurz. &#0187;Aber wir k&#0246;nnen den Schlumpf ja immer noch holen lassen. Eine Konfrontation ... Doch bevor wir zu dieser Konfrontation schreiten, habe ich dem Mann da noch ein paar Fragen zu stellen.&#0171;</p><p class="standard">Er schwieg und dachte nach.</p><p class="standard">&#0187;Der Revolver ist bei dir gefunden worden, Augsburger, du wirst nie beweisen k&#0246;nnen, da&#0223; du ihn vom Schreibtisch des alten Ellenberger fortgenommen hast. Das ist dir doch klar, oder? Ellenberger wird es aber leugnen. Du wirst nicht beweisen k&#0246;nnen, da&#0223; du in der Nacht vom Dienstag auf den Mittwoch im Bett gelegen bist. Oder wird der alte Ellenberger dir das best&#0228;tigen k&#0246;nnen?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Ich &#8210; ich glaub&#8217; schon.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Gut. Also wer hat dir den Auftrag f&#0252;r den Schlumpf gegeben? Red&#8217; doch.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Der &#8210; der Armin Witschi ...&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Und du hast sagen sollen, der Auftrag k&#0228;me von seiner Schwester?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Ja.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Hast du allein mit ihm gesprochen? Mit dem Armin mein&#8217; ich?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Ja, es war niemand anderer dabei.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Woher hast du ihn gekannt?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Oh, so ... Ich hab ihn gesehen ... Fr&#0252;her schon.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Ich h&#0228;tte gerne noch das gestohlene Auto gesehen; aber vielleicht hat es der Herr Gemeindepr&#0228;sident schon geholt?&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Ja, gestern.&#0171; Der Untersuchungsrichter nickte.</p><p class="standard">&#0187;Desto besser!&#0171; meinte Studer. &#0187;Sobald ich Neues wei&#0223;, berichte ich Ihnen. &#0220;brigens, Sie k&#0246;nnen den Schlumpf wieder in eine Einzelzelle tun. Er wird nicht mehr probieren, sich aufzuh&#0228;ngen ... Wiederluege mitenand!&#0171;</p><p class="standard">Das &#0187;Mitenand&#0171; bereitete Studer eine besondere Freude.</p><p class="standard">Er lachte noch still, als er den Gang entlangging, um Sonja abzuholen.</p></div></div></div></body>
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