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    <title>pt11.html</title></head><body><div class="part WordXML" id="pt11"><div class="chapter"><h1 class="ueberschrift1" id="id0000020">Der Daumenabdruck</h1><div class="section"><p class="TkOhne">Die Nacht war k&#0252;hl. Studer fr&#0246;stelte w&#0228;hrend der kurzen Strecke vom Posten zum &#0187;B&#0228;ren&#0171;. Er beschlo&#0223;, noch einen Grog zu trinken, der Schnupfen meldete sich wieder mit Druck im Kopf und einem unangenehmen Jucken im Hals. Aber der Wachtmeister wollte nicht in der Gaststube sitzen. Er fragte den Wirt, der in der Haust&#0252;re stand, ob nicht ein Nebenzimmer da sei. Der Wirt nickte.</p><p class="standard">Der Raum lag neben der Gaststube, die Verbindungst&#0252;re stand offen. Dr&#0252;ben war es ziemlich laut, ein Summen von vielen Stimmen, dar&#0252;ber wogten Melodiefetzen, die der Lautsprecher spuckte (Gut, ist er eingeschaltet, dachte Studer); dann sagte eine Stimme: &#0187;F&#0252;nfzig vom Trumpfa&#0223; mit St&#0246;ck und Dreiblatt vom Nell...&#0171; Bewundernde Ausrufe wurden laut. Dann sagte die gleiche Stimme: &#0187;Und Matsch ...&#0171;</p><p class="standard">Der Tonfall dieser Stimme erinnerte Studer an irgend etwas. Er kam aber erst darauf, als der Ansager sich im Radio meldete: &#0187;Sie h&#0246;ren nun zum Schlu&#0223; unseres Unterhaltungskonzertes ...&#0171; Ja, der Ansager sprach hochdeutsch, aber sein Tonfall, seine Art zu sprechen, glich der Stimme, die den unerh&#0246;rten &#0187;Wiis&#0171; proklamiert hatte...</p><p class="standard">Die Wirtin brachte den Grog, sie setzte sich zu Studer, fragte, wie es gehe, ob die Untersuchung Fortschritte mache, nach ihrer Meinung sei nat&#0252;rlich der Schlumpf der Verbrecher... Aber da seien eben noch andere daran schuld, da&#0223; solche Verbrechen in einem stillen Dorf, wie Gerzenstein passieren k&#0246;nnten...</p><p class="standard">Es war gespenstisch. Die Wirtin redete und Studer hatte den Eindruck, das Gritli Wenger jodeln zu h&#0246;ren. Und als der Wirt auch noch dazu kam (viel j&#0252;nger schien er als seine Frau, er hatte O-Beine und war, wie sich sp&#0228;ter herausstellte, Dragonerwachtmeister), ja, als der Wirt zu sprechen begann, hatte er wahr- und wahrhaftig die Stimme des Konditorkomikers Hegetschweiler.</p><p class="standard">Wo hatten die Leute ihre Stimmen gelassen? Waren sie vom Radio vergiftet worden? Hatten die Gerzensteiner Lautsprecher eine neue Epidemie verursacht? Stimmenwechsel?</p><p class="standard">Da, da war es wieder ...</p><p class="standard">Drau&#0223;en beklagte sich einer, er habe nichts mehr zu trinken, und er sprach diese einfachen Worte in so singendem Tonfall, da&#0223; Studer meinte, den Schlager zu h&#0246;ren: &#0187;Ich hab&#8217; kein Auto, ich hab&#8217; kein Rittergut ...&#0171;</p><p class="standard">Der Wachtmeister trat vorsichtig an die Verbindungst&#0252;r, er hielt sich ein wenig hinter dem Pfosten versteckt und &#0252;bersah den Raum.</p><p class="standard">Am Tisch, an dem er zu Mittag gegessen hatte, sa&#0223;en vier M&#0228;nner. Am auff&#0228;lligsten war einer, der sich in die Ecke gedr&#0252;ckt hatte. Es war ein schwerer, dicker Mann. Ein grauer Katerschnurrbart starrte stachelig &#0252;ber seiner Oberlippe, das Gesicht war rot und lief nach oben spitz zu, das Kinn war in Fettfalten eingebettet. Der Kopf gl&#0252;hte, in die Stirne fiel eine einsame, braune Locke.</p><p class="standard">Wer er Mann dort sei, fragte Studer leise die Wirtin.</p><p class="standard">Der mit dem spitzen Gring? Das sei der Aeschbacher, der Gemeindepr&#0228;sident. Studer l&#0228;chelte, er mu&#0223;te an den alten Ellenberger denken und an seine kurze, aber treffende Charakterisierung: eine Sau, die den Rotlauf hat ... Es stimmte aber doch nicht ganz, dachte Studer bei sich. Der Aeschbacher hatte merkw&#0252;rdige Augen, sehr, sehr merkw&#0252;rdige Augen. Verschlagen, gescheit ... Nein, ein zweit&#0228;giges Kalb war <i class="quote">der </i>nicht!</p><p class="standard">Der Gemeindepr&#0228;sident hatte als Spielpartner einen Mann, der statt eines Kopfes einen hellgelben, riesigen Badeschwamm zu tragen schien. Studer sah den Mann nur von hinten, jetzt h&#0246;rte er aber auch dessen Stimme:</p><p class="standard">&#0187;Ich mu&#0223; leider, leider schieben ...&#0171;</p><p class="standard">Es war die Stimme, die sich vorher beklagt hatte, es sei nichts mehr zum Trinken da, die Stimme, die wie die eines Couplets&#0228;ngers klang.</p><p class="standard">&#0187;Und wer spielt mit dem Gemeindepr&#0228;sidenten?&#0171; fragte Studer.</p><p class="standard">&#0187;Das ist der Lehrer Schwomm.&#0171;</p><p class="standard">&#0187;Der hat seinen Namen verdient&#0171;, dachte Studer. Das blonde Haar war gekr&#0228;uselt. Der Mann trug einen hohen steifen Kragen, sein dunkler Rock war sicher nach Ma&#0223; gearbeitet ... Studer sah noch die H&#0228;nde. Die H&#0228;rchen darauf schimmerten im Lampenlicht.</p><p class="standard">An einem anderen Tisch sa&#0223;en vier junge Burschen &#8210; Armin Witschi war dabei und der Coiffeurgehilfe Gerber, die beiden andern waren erst halberwachsen, sie hatten noch Flaum auf den Wangen und ihre Hosen waren zu kurz. Jetzt, da sie sa&#0223;en, endeten sie in der Mitte der Waden &#8210;, auch sie spielten. Eben hatte der Lautsprecher verk&#0252;ndet:</p><p class="standard">&#0187;Sie haben soeben als Schlu&#0223; unseres Abendkonzertes geh&#0246;rt ...&#0171; Niemand blickte auf. Die Stimme fuhr fort: &#0187;Bevor wir Ihnen nun die Wettervoraussage mitteilen, haben wir Ihnen noch eine Bekanntmachung der kantonalen Polizeidirektion zu &#0252;bermitteln: Es handelt sich um den heute mittag als vermi&#0223;t gemeldeten Jean Cottereau, Oberg&#0228;rtner in den Baumschulen Ellenberger ...&#0171; Studer kannte die Mitteilung, in Bern hatten sie sich beeilt, sie durchzugeben. Nun war er neugierig, wie sie wirken w&#0252;rde.</p><p class="standard">&#0187;Der Mann ist zur&#0252;ckgekehrt. Er hat weder &#0252;ber seine Angreifer noch &#0252;ber die Ursache seiner Entf&#0252;hrung genauere Mitteilungen machen k&#0246;nnen, jedoch ist Wachtmeister Studer, der mit den Ermittlungen &#0252;ber den schon gemeldeten Mordfall in Gerzenstein betraut ist, der Meinung, da&#0223; besagter Mordfall in engem Zusammenhang mit der Entf&#0252;hrung des Oberg&#0228;rtners Cottereau und der Verletzung des Herrn Ellenberger steht. Personen, die N&#0228;heres &#0252;ber diesen Fall wissen, werden gebeten, sich auf dem Landj&#0228;gerposten Gerzenstein zu melden oder der kantonalen Polizeidirektion telephonische Mitteilung &#0252;ber ihre Wahrnehmungen zu machen.&#0171;</p><p class="standard">Pause.</p><p class="standard">Studer war unter die T&#0252;r getreten und beobachtete die Wirkung der Worte.</p><p class="standard">Die vier jungen Burschen schienen erstarrt. Auf dem Ja&#0223;deckli lag der letzte Stich, fast in der Mitte, vier Karten &#0252;bereinander, aber keine Hand regte sich, um den Stich zu kehren. Die Kartenf&#0228;cher hielten sie gegen die Brust gepre&#0223;t.</p><p class="standard">Am Tisch des Gemeindepr&#0228;sidenten schien niemand weiter ersch&#0252;ttert. Das Spiel war eben frisch gegeben worden. Aeschbacher hielt sein Kartenp&#0228;ckli in der Hand, die andere Hand st&#0252;tzte den riesigen roten Kopf. Der Mund war leicht verzogen, der Schnurrbart str&#0228;ubte sich. Der Lautsprecher fuhr fort:</p><p class="standard">&#0187;Wahrscheinlich wird die zust&#0228;ndige Staatsanwaltschaft eine Be ...&#0171;</p><p class="standard">Aeschbacher winkte und sagte mit der Stimme, die gro&#0223;e &#0196;hnlichkeit mit der des Ansagers hatte:</p><p class="standard">&#0187;Ich habe genug von dem Geschn&#0246;rr, abstellen!&#0171;</p><p class="standard">Nur auf diesen Befehl schien die Saaltochter gewartet zu haben. Ein Knacken. Stille.</p><p class="standard">Die Holztische schimmerten hell, frisch gescheuert, die Spieldecken zeichneten schwarze Rechtecke darauf. Auf den Literkaraffen spiegelte sich der gelbe Schein der zwei Deckenlampen. Deutlich h&#0246;rte Studer das Anstreichen eines Z&#0252;ndholzes an der gerillten Fl&#0228;che des porzellanenen Aschenbechers. Gemeindepr&#0228;sident Aeschbacher z&#0252;ndete seinen erloschenen Stumpen an, dann sagte er laut in die Stille:</p><p class="standard">&#0187;Bringet den Burschen dort einen Liter Roten auf meine Rechnung...&#0171;</p><p class="standard">Murmeln am Tisch Armin Witschis:</p><p class="standard">&#0187;Merci, Herr Gemeindepr&#0228;sident, dank au ...&#0171;</p><p class="standard">Dann begann sich die Gruppe wieder zu bewegen. Auch das war ein wenig gespenstisch. Es sah aus, als werde bei Automaten ein Schalter gedreht. Sie begannen pl&#0246;tzlich die gewohnten Bewegungen, die Kartenf&#0228;cher hoben sich vor die Augen, die Karten fielen auf den Tisch.</p><p class="standard">Aufgereckt an seinem Platz sa&#0223; Aeschbacher. Immer noch hielt er das Kartenp&#0228;ckli in der Hand. Sein Blick war starr auf die Gruppe der spielenden Burschen gerichtet, so, als ob er sie zwingen wolle, in seine Richtung zu blicken. Aber die Burschen waren ins Spiel vertieft. Die Saaltochter trat zu ihnen, sie dr&#0252;ckte sich z&#0228;rtlich an Armin Witschi, w&#0228;hrend sie langsam den Liter Rotwein auf den Tisch stellte. Das schien Armin zu st&#0246;ren, er wandte sich br&#0252;sk um &#8210; und da bemerkte er Aeschbachers Starren. Der Gemeindepr&#0228;sident winkte mit dem Kartenp&#0228;ckli. Armin stand gehorsam auf, trat an den Tisch der Herren. Der Gemeindepr&#0228;sident fl&#0252;sterte Armin eifrige Worte zu. Und da bemerkte Studer pl&#0246;tzlich, da&#0223; ihn Aeschbachers Augen nicht loslie&#0223;en. Der Wachtmeister stand allein in der T&#0252;r, die Wirtin war fortgegangen, er sah deutlich den Wink, mit dem Aeschbacher den Armin Witschi auf ihn aufmerksam machte. Nun schielte auch Armin zum Wachtmeister. Studer f&#0252;hlte sich unbehaglich, am liebsten h&#0228;tte er jetzt seinen Grog getrunken, der wurde sicher kalt ... Aber er wollte noch das Ende der Pantomime betrachten.</p><p class="standard">Aber es geschah nichts mehr.</p><p class="standard">&#0187;Aeschbacher, du machst Trumpf&#0171;, sagte der Mann, der einen Schwamm statt eines Kopfes zu tragen schien, der Mann, dem ein Couplet im Halse sang, der Lehrer</p><p class="standard">Schwomm .. .</p><p class="standard">&#0187;Ja, ja&#0171;, sagte der Pr&#0228;sident &#0228;rgerlich. Aeschbacher winkte Armin, er k&#0246;nne nun gehen. Mit einem einzigen Griff breitete er das Kartenp&#0228;ckli f&#0228;cherf&#0246;rmig auseinander: &#0187;Geschoben!&#0171; schnauzte er. Und zur Saaltochter:</p><p class="standard">&#0187;Berti, mach&#8217; T&#0252;r zu, es zieht ...&#0171;</p><p class="standard">Studer kehrte zu seinem Grog zur&#0252;ck. Die Verbindungst&#0252;r fiel zu.</p><p class="standard">Im kleinen Zimmer zog sich Studer aus. Dann trat er, im Pyjama, ans offene Fenster und blickte &#0252;ber das stille Land. Der Mond war sehr wei&#0223;, manchmal zogen Wolken vor ihm vorbei, das Roggenfeld war merkw&#0252;rdig bl&#0228;ulich ...</p><p class="standard">Und der Wachtmeister erinnerte sich an einen guten Bekannten, mit dem er einmal in Paris zusammengearbeitet hatte. Madelin hie&#0223; er und war Divisionskommiss&#0228;r bei der Police judiciaire gewesen. Ein magerer, gem&#0252;tlicher Mann, der unglaubliche Mengen Wei&#0223;wein vertilgen konnte, ohne betrunken zu werden. Als Extrakt seiner zwanzigj&#0228;hrigen Diensterfahrung hatte er Studer einmal folgendes gesagt:</p><p class="standard">&#0187;Studer (er sagte &#8250;St&#0252;d&#0232;re&#8249;), glaub mir: Lieber zehn Mordf&#0228;lle in der Stadt als einer auf dem Land. Auf dem Land, in einem Dorf, da h&#0228;ngen die Leute wie die Kletten aneinander, jeder hat etwas zu verbergen ... Du erf&#0228;hrst nichts, gar nichts. W&#0228;hrend in der Stadt ... Mein Gott, ja, es ist gef&#0228;hrlicher, aber du kennst die Burschen gleich, sie schwatzen, sie verschwatzen sich... Aber auf dem Land! ... Gott beh&#0252;te uns vor Mordf&#0228;llen auf dem Land ...&#0171;</p><p class="standard">Studer seufzte. Der Kommiss&#0228;r Madelin hatte recht.</p><p class="standard">Und dunkel bohrte in ihm noch der Vorwurf, da&#0223; er es unterlassen hatte, den Browning mit der n&#0246;tigen Vorsicht zu behandeln. Vielleicht h&#0228;tte man doch Fingerabdr&#0252;cke darauf feststellen k&#0246;nnen? Aber was h&#0228;tte das gen&#0252;tzt? Er konnte doch nicht den Lehrer Schwomm oder gar den Gemeindepr&#0228;sidenten Aeschbacher mit einem Tintenkissen und Formularen besuchen und sie freundlichst bitten, doch die G&#0252;te zu haben und ihre werten Fingerspitzen auf diesen amtlichen Papieren zu verewigen ... Gewi&#0223;, es gab ja andere Methoden, sich Fingerabdr&#0252;cke zu verschaffen: Zigarettendosen &#8210; aber Studer rauchte keine Zigaretten, und dann waren diese Methoden alle so kompliziert. In B&#0252;chern machten sie sich gut, in Spionagebureaux schien man manchmal Erfolg mit ihnen zu haben ... aber in der Wirklichkeit? ... Studer nieste und ging ins Bett...</p><p class="standard">&#8210; &#8210; &#8210; Er sa&#0223; in einem riesigen H&#0246;rsaal, eingezw&#0228;ngt in eine schmale Bank. Der Deckel des Pultes vor ihm dr&#0252;ckte ihn schmerzhaft auf den Magen, er konnte die Beine nicht strecken. Die Luft im Raum war stickig, er konnte nicht recht atmen. Vor einer schwarzen Wandtafel ging ein Mann in wei&#0223;em Mantel rastlos auf und ab. Er sprach. Und auf die Wandtafel war mit Kreide ein riesiger Daumenabdruck gezeichnet. Die Linien darin bildeten verr&#0252;ckte Muster, Schleifen, Spiralen, Berge, T&#0228;ler, Wellen. Gerade Striche waren von den einzelnen Linien aus gezogen, ragten &#0252;ber den Abdruck hinaus und trugen an ihrem Ende Nummern. Und der Mann, der vor der Tafel hin und her lief, zeigte auf die Nummern und dozierte: &#0187;Von der Wiege bis zum Grabe bleiben die Kapillaren identisch, merken Sie sich das, meine Herren, und wenn zw&#0246;lf Punkte &#0252;bereinstimmen, so haben Sie den mathematischen Beweis. Dies ist der Daumen, meine Herren, der Daumenabdruck eines Mannes, der durch die Unachtsamkeit eines Beamten verlorengegangen ist und den ich nach meiner neuen Methode des fernen Wellensehens zur restitutio ad integrum gebracht habe. Der Schuldige sitzt zwischen Ihnen, ich will ihn nicht nennen, denn er ist gestraft genug. Er wird in Pension gehen m&#0252;ssen und in seinem Lebensalter verhungern, denn er hat pflichtvergessen gehandelt. Denn dieser Daumen, meine Herren und Damen ...&#0171; In der ersten Bankreihe sa&#0223; Sonja Witschi, sie trug ein wei&#0223;es Kleid und blickte mit Verachtung auf Studer. Das schmerzte Studer sehr. Am meisten aber tat ihm weh, da&#0223; der Gemeindepr&#0228;sident Aeschbacher neben Sonja sa&#0223; und seinen Arm um die Schultern des M&#0228;dchens gelegt hatte. Studer wollte sich unter der Bank verstecken, er f&#0252;hlte, da&#0223; die Blicke aller Zuh&#0246;rer auf ihn gerichtet waren, er konnte nicht, die Bank war zu eng ... Da stand pl&#0246;tzlich in der T&#0252;r des Saales der Polizeihauptmann und sagte laut: &#0187;Hast dich wieder blamiert, Studer? Komm her, komm sofort her...&#0171; Studer zw&#0228;ngte sich aus der Bank, Sonja und Aeschbacher lachten ihn aus, der Herr im wei&#0223;en Mantel war pl&#0246;tzlich der Lehrer Schwomm, und er sang: &#0187;Das ist die Liebe, die dumme Liebe ...&#0171; Aeschbacher hatte noch immer seinen Daumen aufgereckt, der wuchs und wuchs, schlie&#0223;lich war er so gro&#0223; wie die Zeichnung auf der Tafel... &#0187;Poroskopie&#0171;, rief der Lehrer Schwomm im Arztkittel, &#0187;Daktyloskopie!&#0171; schrie er. Und am Fenster stand der Kommiss&#0228;r Madelin, sah b&#0246;se drein und fluchte: &#0187;Haben Sie Locard vergessen, St&#0252;d&#0232;re, f&#0252;nfzehn und sechs und sechs und elf Punkte, das war zur &#0220;berf&#0252;hrung gen&#0252;gend im Falle Desvignes. Und im Falle Witschi? ... Alles vergessen, St&#0252;d&#0232;re? Sch&#0228;men Sie sich.&#0171; Der Polizeihauptmann aber zog ein Paar Handschellen aus der Tasche und fesselte Studer. Dazu sagte er: &#0187;Aber ich zahl&#8217; dir keinen Halben Roten im Bahnhofbuffet. Ich nicht!&#0171; Studer weinte, er weinte wie ein kleines Kind, die Nase stach ihm, er zottelte hinter dem Polizeihauptmann her. Auf dem R&#0252;cken des Mannes, ganz nah vor Studers Augen, hing eine wei&#0223;e Tafel. Darauf war wieder der Daumenabdruck. Und darunter stand in dicker Rundschrift: &#0187;Keine Tannennadeln, aber ein verlorengegangener Abdruck...&#0171; Dann sa&#0223; Studer in einer Zelle, zwei Betten waren darin. Auf dem einen lag der Schlumpf, eine blaue Zunge hing ihm aus dem Mund. Auch er hielt den Daumen der Rechten aufgereckt und blinzelte mit den Lidern Er erhob sich, immer noch hing die Zunge aus seinem Mund, er schritt auf Studer zu, stand vor ihm und wollte ihm den Daumen ins Auge sto&#0223;en. Studer war gefesselt, er konnte sich nicht wehren, er schrie... ---</p><p class="standard">Der Mond schien ihm in die Augen. Sein Pyjama war feucht, er hatte ausgiebig geschwitzt. Lange blieb er wach liegen. Der Traum wollte sich nicht verscheuchen lassen und Studer hatte Angst, wieder einzuschlafen. Es war nicht der Daumen, der riesige Daumenabdruck, der ihn besch&#0228;ftigte. Merkw&#0252;rdigerweise wurde er das andere Bild nicht los, das er im Traume gesehen hatte: Aeschbacher, der seinen Arm um Sonjas Schultern gelegt hatte und ihn auslachte...</p><p class="standard">Es war still drau&#0223;en. Gerzensteins Lautsprecher schwiegen.</p></div></div></div></body>
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